Kompostierbare Verpackungen – Chance oder Scheinlösung?
Kompostierbare Verpackungen klingen wie eine umweltfreundliche Lösung, doch die Realität ist komplizierter. Viele dieser Verpackungen erfüllen ihre Versprechen nur unter strengen Bedingungen, die in Deutschland oft nicht gegeben sind. Hier die wichtigsten Punkte:
- Industrielle Kompostierung erforderlich: Die meisten kompostierbaren Verpackungen zerfallen nur bei Temperaturen von 55–60 °C, wie sie in speziellen Anlagen herrschen. Heimkompostierung reicht oft nicht aus.
- Fehlende Infrastruktur: Viele Kommunen akzeptieren diese Verpackungen nicht in der Biotonne. Stattdessen landen sie im Restmüll und werden verbrannt.
- Verwirrende Kennzeichnungen: Begriffe wie „kompostierbar“ oder „biologisch abbaubar“ führen oft zu Fehlannahmen bei Verbraucher*innen.
- Umweltbilanz fragwürdig: Die Herstellung von Biokunststoffen verbraucht viel Energie, Wasser und landwirtschaftliche Flächen, was die Vorteile relativiert.
- Technische Schwächen: Kompostierbare Verpackungen bieten oft weniger Schutz und Haltbarkeit, was zu zusätzlichem Materialverbrauch führen kann.
Fazit: Statt auf kompostierbare Verpackungen zu setzen, sind Vermeidung, Mehrwegsysteme und Recycling die sinnvolleren Alternativen. Verbraucher*innen sollten auf klare Entsorgungsmöglichkeiten achten und bewusster konsumieren.
Was sind kompostierbare Verpackungen: Definitionen und Standards
Begriffe wie „kompostierbar“, „biologisch abbaubar“ und „biobasiert“ werden häufig durcheinandergebracht, obwohl sie unterschiedliche Eigenschaften und Anforderungen haben. Diese Verwechslungen können falsche Erwartungen an die tatsächliche Umweltfreundlichkeit wecken. Hier die Unterschiede:
Kompostierbar, biologisch abbaubar und biobasiert – die Unterschiede
Kompostierbare Verpackungen müssen die Vorgaben der EU-Norm EN 13432 erfüllen. Sie müssen sich vollständig in CO₂, Wasser und Biomasse zersetzen, ohne schädliche Rückstände zu hinterlassen. Konkret: Mindestens 90 % des Materials müssen innerhalb von sechs Monaten in einer industriellen Kompostieranlage abgebaut sein, und nach zwölf Wochen dürfen nur noch <10 % Rückstände >2 mm vorhanden sein.
Biologisch abbaubare Verpackungen werden zwar ebenfalls von Mikroorganismen zersetzt, doch gibt es keine festen Vorgaben zu Zeitrahmen oder Bedingungen. Der Abbau kann Jahre dauern.
Biobasierte Verpackungen bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen. Das bedeutet nicht automatisch, dass sie abbaubar sind; viele verhalten sich beim Zersetzen ähnlich wie herkömmliche Kunststoffe.
| Begriff | Definition | Abbaubarkeit | Zeitrahmen |
|---|---|---|---|
| Kompostierbar | Zersetzung zu CO₂, Wasser und Biomasse gemäß EN 13432 | Ja, unter industriellen Bedingungen | 90 % in 6 Monaten |
| Biologisch abbaubar | Abbau durch Mikroorganismen ohne feste Vorgaben | Ja, unter unklaren Bedingungen | Keine Zeitvorgabe |
| Biobasiert | Herstellung aus erneuerbaren Rohstoffen | Nicht zwingend abbaubar | Nicht relevant |
Industrielle vs. Heimkompostierung: Ein großer Unterschied
Ein Großteil der als „kompostierbar“ beworbenen Verpackungen ist nur für die industrielle Kompostierung geeignet. Diese erfordert kontrollierte Bedingungen, insbesondere 55–60 °C über Wochen. Im Heimkompost, der diese Temperaturen nicht erreicht, können diese Materialien jahrelang bestehen bleiben. Da viele Kommunen diese Verpackungen zudem nicht in der Biotonne akzeptieren, landen sie häufig im Restmüll und werden verbrannt.
Verbraucher*innen und die Verwirrung durch Kennzeichnungen
Labels wie „Keimling“ oder „OK compost“ zeigen die Einhaltung von EN 13432 an – sagen aber nichts über Heimkompost aus. Nur „OK Home Compost“ steht für Zersetzung unter häuslichen Bedingungen. Der oft unpräzise Begriff „biologisch abbaubar“ (ohne Zeit- und Bedingungsangabe) verstärkt die Verwirrung – mit der Folge: Fehlwürfe in Biotonne oder Gelbe Tonne und zusätzliche Kosten in der Entsorgung.
Probleme mit kompostierbaren Verpackungen
Warum industrielle Kompostierung notwendig ist
Viele kompostierbare Materialien (z. B. PLA/PBAT) sind so konzipiert, dass sie nur in industriellen Anlagen ausreichend schnell abgebaut werden. In der Praxis fehlen jedoch flächendeckende Annahme und geeignete Prozessbedingungen. Anlagenbetreiber befürchten Qualitätsverluste im Kompost und Mehraufwände beim Aussortieren – deshalb werden diese Verpackungen oft als Restmüll entsorgt und thermisch behandelt.
Umweltstudien liefern gemischte Ergebnisse
Lebenszyklusanalysen zeigen: kompostierbare Verpackungen enthalten oft fossile Co-Polymere oder sind schwerer als konventionelle Alternativen – mit entsprechenden Transportemissionen. Produktion und (industrielle) Kompostierung sind energieintensiv. Wenn die Entsorgung nicht optimal läuft, fällt die Gesamtbilanz häufig schlechter aus als gedacht. Zusätzlich gehen Materialien nach nur einem Nutzungszyklus dem Recyclingkreislauf verloren.
Leistungsprobleme: Weniger Schutz und kürzere Haltbarkeit
Geringere Barrieren gegen Feuchtigkeit, Sauerstoff und Licht können Haltbarkeit und Produktqualität beeinträchtigen; niedrigere Reiß- und Temperaturfestigkeit erhöht Transportrisiken. Das führt zu mehr Ausschuss und teils zusätzlicher Umverpackung – ein Rückschritt aus Nachhaltigkeitssicht.
Weitreichende Umwelt- und Gesellschaftsauswirkungen
Hoher Ressourcenverbrauch bei der Biokunststoffproduktion
Die Produktion von Biokunststoffen benötigt landwirtschaftliche Fläche, Wasser und Energie. Für 1 kg PLA fallen mehrere hundert Liter Wasser und 0,5–1,5 kg CO₂-Äquivalente an. Monokulturen senken Biodiversität; Düngemittel und Pestizide belasten Ökosysteme. Ohne erneuerbare Energien in der Produktion verpuffen potenzielle Klimavorteile teilweise.
Kontamination von Recyclingsystemen
Optisch ähnliche kompostierbare und konventionelle Kunststoffe werden in Sortieranlagen verwechselt. Das mindert die Qualität recycelter Fraktionen und verteuert Prozesse. Umgekehrt stören Biokunststoffe in der Bioabfallverwertung, wenn sie nicht abgebaut werden.
Verbraucherverwirrung und falsche Entsorgung
Unklare Begriffe begünstigen Fehlwürfe. Statt kompostiert zu werden, landen Verpackungen in der Verbrennung. Gleichzeitig entsteht ein „grünes“ Scheingefühl, das den Gesamtkonsum von Einwegartikeln nicht zwingend reduziert.
Bessere Alternativen und praktische Lösungen
Weniger Verpackung & Mehrweg im Fokus
Das Umweltbundesamt empfiehlt klar die Abfallhierarchie: Vermeiden > Wiederverwenden > Recyceln. In Deutschland funktionieren Mehrwegsysteme – z. B. Glasflaschen mit bis zu 50 Umläufen, Pfand-Mehrweg für Takeaway. Ökobilanzen zeigen: Verpackungsreduktion und Wiederverwendung sparen gegenüber Einweg und kompostierbaren Alternativen meist mehr Energie und Ressourcen.
Alltagstipps: Eigene Behälter und Taschen mitbringen, Produkte mit minimaler Verpackung bevorzugen, Marken unterstützen, die Mehrweg anbieten.
Bessere Infrastruktur & Aufklärung
Wo Infrastruktur fehlt, verpuffen potenzielle Vorteile. Notwendig sind klare Kennzeichnungen (z. B. „Home Compost“), Investitionen in Verwertungstechnik und Verbraucheraufklärung. Das UBA empfiehlt, Biomüll in Papiertüten oder lose zu sammeln – nicht in Bioplastikbeuteln.
Wie SIRPLUS Lebensmittelverschwendung bekämpft

Ein wirksamer Hebel: weniger Lebensmittelverschwendung. Seit 2017 rettet SIRPLUS überschüssige Lebensmittel (kurzes MHD, Überproduktion, Verpackungsfehler) und bietet sie zu stark reduzierten Preisen an.
„Ein Drittel aller Lebensmittel werden verschwendet – das entspricht etwa 10 % aller Treibhausgasemissionen.“ – SIRPLUS
Über 5 Mio. kg gerettete Lebensmittel und mehr als 1 Mio. Mahlzeiten zeigen die Wirkung: Jede gerettete Einheit spart CO₂ aus Produktion, Transport und Entsorgung – und indirekt auch Verpackungsmaterial, weil weniger neu produziert werden muss.
Fazit: Durchdachte Verpackungsentscheidungen treffen
Kompostierbare Verpackungen sind nicht per se nachhaltig. Ohne passende Entsorgungsstrukturen und klare Kennzeichnung bleiben ökologische Vorteile oft ungenutzt; häufig endet der Weg im Restmüll. Recycelbare Materialien in funktionierenden Kreisläufen und Mehrwegsysteme schneiden in der Praxis meist besser ab.
Der größte Hebel liegt jedoch in der Vermeidung von Verschwendung – bei Verpackung und Lebensmitteln. SIRPLUS zeigt, wie ein ganzheitlicher Ansatz CO₂ spart und Ressourcen schont. Weniger konsumieren, länger nutzen, bewusster entscheiden: So entsteht echte Nachhaltigkeit.
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